Der Prozess der Auswahl eines Astronauten ist keine leichte Aufgabe. Die Personen, die die Astronauten auswählen, wählen aus den Besten der Besten, physisch und psychisch. Es gibt viele Faktoren wie Zusammenarbeit, Präzision und Gründlichkeit bei der Arbeit, Effizienz usw. All das ist bei der Auswahl der Astronauten zu berücksichtigen, müssen sie doch in Situationen von intensivem Stress und Druck mental die stärksten und fachlich die fähigsten sein.
1977 lud Dr. Terry McGuire, der leitende Psychiater der NASA, der für die Auswahl der Kandidaten verantwortlich war, Dr. Taibi Kahler ein, an den Interviews während des Auswahlverfahrens teilzunehmen und sich an ihnen zu beteiligen. Seine Aufgabe bestand darin, in der Ecke des Raumes zu sitzen und zu beobachten. Taibi benutzte das Process Communication Model®, um die Kandidaten je nach ihrem dominanten Persönlichkeitstyp in eine von sechs Kategorien einzuordnen. Er konnte ihre grundlegenden Persönlichkeitsmerkmale, Stärken und Schwächen sehr einfach und schnell bestimmen. Wie? Er beobachtete einfach ihren verbalen Ausdruck, die Art und Weise, wie sie über sich selbst sprachen, ihre Leistungen, die Dinge, die ihnen wichtig sind, usw. Gleichzeitig achtete er aber auch auf die nonverbalen Signale, wie ihre Sitzposition, Mimik, Gestik und auf unbewusste Bewegungen.
Nach den Interviews verglichen die beiden ihre Notizen über mehrere Kandidaten. Da musste Dr. McGuire feststellen, dass Dr. Kahlers Methode nach nur 10 Minuten genauso viel und mehr über einen Kandidaten enthüllt hatte, als ein mehrstündiges psychologisches Standardinterview. Dr. McGuire war von den Ergebnissen derart fasziniert, dass er beschloss, Dr. Kahler einzuladen, für die NASA zu arbeiten und sein Process Communication Model® bei der weiteren Auswahl von Astronauten anzuwenden und weiter zu perfektionieren.
Walk in Space (Copyright: NASA)
Nach vielen Jahren der PCM-Anwendung zeigten die Daten recht klar, dass vor allem ein Persönlichkeitstyp unter den Astronauten einen viel höheren Anteil hatte als in der allgemeinen Bevölkerung: Der Persönlichkeitstyp des Beharrers. Dieser trat bei den Astronauten mit einer deutlich höheren Wahrscheinlichkeit auf als andere.
Zum Beispiel waren im Auswahlzyklus 1984, ’85, ’87 etwa 71% der Ausgewählten Basis-Beharrer (d.h. das war neben den anderen fünf ihr am stärksten ausgeprägter Persönlichkeitstyp). Dieser Basis-Persönlichkeitstyp dominierte wohl auch deswegen unter den Astronauten, weil diesem PCM-Typen das Bestrebens inne wohnt, perfekt, engagiert zu sein und hartnäckig an Dingen dran zu bleiben.
Da Menschen mit der Basis Beharrer in ihrer Persönlichkeitsstruktur wenig Emotionen zeigen und es schwierig finden, die Sensibilität anderer Menschen zu verstehen, neigen sie dazu, auch gut mit Menschen mit einem hohen Logiker Anteil auszukommen. Diese sind ihrerseits logisch, rational, organisiert wie sie selbst durchaus auch. Beiden PCM-Typen ist ja auch gemein, dass sie sehr gerne Daten verarbeiten.
Dies ist insofern von Bedeutung, weil der Persönlichkeitstyp des Logikers damals der am zweitstärksten ausgeprägte Basis-Persönlichkeitstyp unter den Astronauten war. Statistiken zeigen, dass Basis-Beharrer und Basis-Logiker 93% der damaligen Astronauten ausmachten! Es ist schon interessant, dass Menschen mit der Basis Macher selten für die Aufgaben als Astronaut ausgewählt wurden: keiner der als hochqualifiziert ausgewählten 287 Kandidaten, die sich damals um die Stelle eines Astronauten beworben hatten, hatten den Persönlichkeitstypen des Machers als stärksten Persönlichkeitstyp. Wegen ihrer Ungezwungenheit, Impulsivität, Dynamik und möglichen Verantwortungslosigkeit, wenn sie in ihr Distress-Verhalten gehen, war das ein im Distress eher gefährlicher Persönlichkeitstyp, um den Job eines Astronauten auszuüben.
Der Persönlichkeitstyp des Empathikers war damals selbst unter den als hochqualifiziert vorausgewählten BewerberInnen nur mit 9% der Basis-Typen repräsentiert. Unter den ausgewählten AstronautInnen waren es letztlich nur 7%. Das ist insofern interessant, da sie in der „normalen“ Welt außerhalb der NASA doch mit 30% vertreten sind. Der Persönlichkeitstyp des Empathikers war in dieser Zeit der dritthäufigste Basis-Persönlichkeitstyp unter den AstronautInnen.
Später stellte sich heraus, dass für eine gute Zusammenarbeit auf lange Sicht Harmonie in den Beziehungen herrschen muss. Zudem spüren Menschen mit hohem Empathiker-Anteil (wie z.B. Basis Empathiker es sind) Konflikte meist schneller und können damit frühzeitiger intervenieren als andere Basis-Typen. Deshalb wurde in weiterer Arbeit mit dem PCM in der Auswahl der AstronautInnen verstärkt Augenmerk auf Menschen mit hohem Empathiker-Anteil gelegt. Sie sind als Persönlichkeitstyp deutlich stärker als andere PCM-Typen auf den Menschen ausgerichtet und können so eine angenehme Atmosphäre schaffen, was sich auf das Zusammenleben in einer engen Raumstation weit weg von zuhause und teilweise unter hohem Arbeitsdruck durchaus positiv auswirkt.
Astronauten reparieren Hubble (Copyright: NASA)
Genau wie Basis-Macher waren auch Basis-Rebellen selten (3% der als hochqualifiziert vorausgewählten Bewerber) unter den Astronauten zu finden, weil sie dazu neigen, sehr energisch und spontan zu sein. Sie sind auf Grund der, verglichen mit anderen Typen in unserer Persönlichkeit, deutlich anfälliger für Konflikte (speziell mit Menschen mit hohem Beharrer-Anteil). Sie neigen zudem dazu, Verantwortung zu vermeiden, wenn sie unter im Distress sind.
Da der Persönlichkeitstyp des Träumers sich durch Kreativität, Vorstellungskraft als auch durch Zurückgezogenheit auszeichnet, war dieser Persönlichkeitstyp nicht unter den PCM-Basistypen der NASA zu finden.
Beharrer und Logiker sind die dominierenden Basis-Persönlichkeitstypen unter den Astronauten. Der Persönlichkeitstyp des Empathikers stand an dritter Stelle, während die Basis-Persönlichkeitstypen Rebellen, Träumer und Macher sich einerseits wenig bis kaum unter den BewerberInnen und andererseits auch bei der Auswahl wieder fanden. Es ist sehr interessant, dass es, obwohl der Typ des Beharrers etwa 10% der Gesamtbevölkerung ausmacht, mehr als 70% der AstronautInnen mit diesem Basis-Persönlichkeitstypen gibt. Auf der anderen Seite machen Basis-Träumer auch etwa 10% der Gesamtbevölkerung aus, doch waren sie bei der NASA praktisch nicht existent.
In der Zeit der Zusammenarbeit zwischen Dr. Taibi Kahler und Dr. Terry McGuire von 1978-1996 wurden die Grundlagen der einzelnen PCM-Teilkonzepte entwickelt und zugleich auch angewandt. So bestätigt Dr. McGuire in einem Brief aus 2010 Dr. Kahler, wie sehr das PCM bei den Raumflügen genutzt wurde.
Hallo Taibi,
ich möchte etwas schriftlich bestätigen, das du und ich in der Vergangenheit diskutiert haben. Während ich als leitender Psychiater der NASA für die bemannte Raumfahrt tätig war, habe ich bei fünf Gelegenheiten eine bedeutende Funktion zwischen ausgewählten Besatzungsmitgliedern vorhergesagt.
Die Hauptursache für Konflikte untereinander war gewöhnlich jemand, der den Raumflügen aus politischen Gründen aufgezwungen wurde. In vier der fünf Fälle wurde der Konflikt während des Fluges sichtbar […] In jedem Fall basierten die Verhaltensvorhersagen auf dem, was ich von dir gelernt hatte, und auf den Arbeiten zur Prozesskommunikation, durch die du mich geleitet hatten.
Mit Respekt und Wertschätzung, Terence F. McGuire, M.D., Lead Psychiatrist Nasa
Heute weiß man, wie sehr sich die Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen auf die Qualität der geleisteten Arbeit auswirkt. In Zusammenhang mit den Möglichkeiten des PCM, negative Verhaltensweisen (Distress) vorherzusagen und auch aufzulösen, liegt folgender Rückschluss sehr nahe: die Anwendung des Process Communication Model® ermöglichte es der NASA, die Zusammenarbeit zwischen den Teammitgliedern der Raumfahrtmissionen und damit auch die Qualität der dort geleisteten Forschungsarbeiten deutlich zu verbessern.
Nutzen auch Sie diese Erkenntnisse im praktischen Leben und lernen Sie PCM in unterschiedlichen Anwendungsfeldern (kennen). Die zertifizierten PCM-Trainer und PCM Coaches, freuen sich sie bei der Reise zu ihrer eigenen Persönlichkeit ein Stück zu begleiten.
Ein Blick auf die Erde (Copyright: NASA/ESA, Alexander Gerst)
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